Kernsätze
zum Forschungsgegenstand
1. Nach
Aussagen der Historiker Bergander und Dr. Schnatz hat es am 14. Februar
1945 in Dresden keine Tieffliegerangriffe auf Zivilisten
gegeben. Die vielen Augenzeugenschilderungen seien „Legende".
2. Beide
formulieren die Vermutung
(so in ihren Buchveröffentlichungen
nachlesbar),
am 14.2.45 habe
während des Mittagsangriffs
eine
Verfolgungsjagd US-amerikanischer und
deutscher Jagdmaschinen stattgefunden, wobei diese Flugzeuge das Elbtal zwischen Waldschlößchen und Blauem Wunder
im Tiefflug
gekreuzt und dabei auch Feuerstöße
abgegeben haben könnten.
3.
Auf diesen, laut Schnatz, "angenommenen Luftkampf"
reduzieren beide
Historiker die Wahrnehmungen aller Augenzeugen und fordern
damit die
Öffentlichkeit zu heftigem Widerspruch heraus.
- Schnatz und Bergander
urteilen nur nach Aktenlage, ohne Erfassung und Analyse der vielen
Augenzeugenberichte.
-
Mehrheitlich und
übereinstimmend benennen Augenzeugen
in ihren Erinnerungen
eine
andere Tageszeit,
andere Örtlichkeiten und
andere Flugrichtungen.
Diesen
Widerspruch zu untersuchen, und dabei, wenn möglich, der
Geschichtsschreibung neue
Erkenntnisse hinzuzufügen, ist das
Anliegen meiner Forschung.
4.
Durch Untersuchung einer hinreichend großen Anzahl solcher
Augenzeugenberichte bin ich zu folgendem
Resultat gekommen:
Am
14.2.1945 muß in der Zeit von 10 bis 11 Uhr eine Gruppe von drei
oder
vier Jagdflugzeugen wenigstens dreimal das Gebiet der Elbauen vom Ostra-Gehege bis Tolkewitz/ Laubegast sowie die südlichen
Randbereiche Dresdens überflogen haben. Dabei wurde
mit Bordwaffen auf die Personen geschossen. Von einzelnen Toten und
Verwundeten wird berichtet.
Kein
einziger Augenzeuge erinnert sich an gleichzeitig oder vorher
wahrgenommene Motorengeräusche hochfliegender Bomberverbände und
deren
Bombenabwürfe, dafür werden andauernd explodierende Zeitzünderbomben
erwähnt. Das Überraschungsmoment der plötzlich erscheinenden
Tiefflieger wird betont.
5. Noch
sind dazu keine Aktenbelege bekannt. Das ist ein Umstand, der zur
Nachprüfung und zu neuen Forschungsfragen herausfordert.
6.
Innerhalb der Gesamtgeschehens der Zerstörung Dresdens ist das
Ereignis von untergeordneter Bedeutung, nicht aber für die
zahlreichen Augenzeugen, die sich in ihren Schilderungen von den
derzeit maßgeblichen Historikern nicht ernst genommen fühlen.
7. Wenn
Historiker das vorliegende Analyseergebnis ignorieren, insbesondere
aber Schnatz den Dresdnern Dogmatismus und Verbissenheit
vorwirft und ihre übereinstimmenden Erinnerungen als „Truggespinste"
und „Legenden" bezeichnet, verstößt dies gegen die Würde der
Betroffenen und gegen die Ethik wissenschaftlicher Arbeit.
8.
Geschichtsforschung arbeitet mit Zeitzeugnissen und
Zeitzeugen.
Im Jahr 2000 erschien ein Lehrbuch für Studierende mit dem Titel "Ethik der Geschichtswissenschaft". Darin wird eingeschränkte
Geschichtsinterpretation abgelehnt und statt dessen zu einer von
Argumenten geleiteten Multiperspektivität aufgefordert.
9. Das
Buch besagt weiterhin, eine von intellektueller Redlichkeit getragene
Diskussion fördere die „erkenntnismäßige Vollständigkeit" und damit
„wohlerwogene geschichtliche Urteile".
10. Es bleibt zu
hoffen, daß diese Handlungs- und Wertmaßstäbe anerkannt werden und zu einer
Neubewertung der damaligen Ereignisse führen.
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Ein vielsagender
Kernsatz
der "anderen Art"
Kellerhoff, Die Welt,
vom
12.2.2013
„... für jeden
seriösen Forscher sind die Erinnerungen von Augenzeugen unverzichtbar.
Allerdings nur zu bestimmten Facetten der Vergangenheit.“
Quelle:
Dossier berichtet über Tiefflieger-Angriffe auf Dresden
Zu dieser Quelle - siehe
auch den Eintrag
vom 10.2.2013 in Rubrik "Aktuelles"
Aus der Publikation der Historikerkommission:
Die
Zerstörung Dresdens,
13. bis 15. Februar
1945
Müller/Schönherr/Widera
Göttingen
2010
"Schieflage
zu Lasten
der Augenzeugenquelle"
Bericht Schönherr/v.
Plato
Seite 206
Dennoch stürzen sich
manche
Historiker jedoch auf jede „falsche“ Erinnerung, das heißt auf
Erinnerungen, die offensichtlich nicht mit anderen
Quellen übereinstimmen, um den mangelnden Wert von Augenzeugenberichten zu
belegen.
Besonders die Beispiele, in denen Hunderttausende von Flüchtlingen in
Dresdens überfüllten Straßen vermutet werden, oder die Beschwörung
angeblich eigener Erlebnisse mit Tieffliegern werden gern als Beleg für
die allgemeine Unglaubwürdigkeit des Gedächtnisses angeführt.
Zeitzeugen ... werden so von manchen zu „natürlichen Feinden“ der
historischen Zunft erklärt.
Es könnte sogar
gesagt werden,
daß manche Historiker selbst einen (Gegen-)Mythos
aufbauen, demzufolge sich alle oder die Mehrheit der ....
Zeitzeugen „falsch“ erinnern. Das ist ganz offensichtlich eine
unzulässige Vergröberung, wie die quantitative Auswertung
auch unserer Dresdner Interviews und persönliche Berichte zeigt. Man
stelle sich vor, wir würden in einem Fall schriftlicher
Aktenüberlieferung eine Minderheit der schriftlichen Berichte zu der
gültigen Mehrheitstendenz erklären und dabei die Masse der Akten mit
anderen Aussagen verschweigen. Die Empörung wäre groß.
Es gibt hier
eine Schieflage, die zu Lasten der Augenzeugenquelle geht.
(Hervorhebungen
nachträglich)
Anmerkung Bürgel
Das ist eine bemerkenswert sachliche
Betrachtungsweise seitens der Kommission, leider ohne Konsequenz für ihr
Herangehen an die Tiefflieger-Problematik. Dennoch zielt ihre Kritik auf
die Vorbehalte und Arbeitsweise ihres Kommissionsmitglieds
Schnatz.
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